„Durch die Welt wandernd, lässt du in jedem Herzen deine Spur hinter“. Unlängst habe ich die Aufnahme der Fußspuren im Sand mit dieser Aufschrift gefunden. Das hat mich sehr beeindruckt und ich habe es bis heute in meinem Gedächtnis behalten. Das kehrt jetzt wieder zurück, wenn ich vor dem Denkmal zur Ehre des Seligen Jan Beyzym SJ stehe.
Ich war schon einige Mal in Ambahivoraka, um mich mit den Einheimischen zu treffen, mich mit ihnen zu unterhalten, um zu erfahren, was in ihrem Gedächtnis nicht nur aus ihren persönlichen Erfahrungen, sondern auch vor allem aus ihren Erinnerungen und Erzählungen ihrer Eltern geblieben ist. Ich ging mit Jean de Dieu, einem der ältesten Dorfeinwohner in dieser Gegend durch die Ruinen der damaligen Schutzhütte für Leprakranken. Er erzählte mir darüber, was es einst dort geschehen ist. Sein Opa war Besitzer der Gelände, auf der Pater Beyzym das Schutzhaus für Leprakranken ausgebaut hat und die Kapelle gebaut hat. Heute sind nur die Reste der Mauer zu sehen. Es ist sogar schwer festzustellen, wo sich die Kapelle, das Haus Paters Beyzym oder das Magazingebäude befunden haben.
Das einzige Andenken, auf das die Einwohner von Soamanandray (lies Suamanandraj) stolz sind, ist die Glocke, die einst die Gebetszeit in Ambahivoraka bedeutete. Heute befindet sie sich im Pfarrglockenturm, um die Gläubigen aus dem Dorf am Sonntag zum Gebetstreffen, zu rufen. Sie haben selten die Gelegenheit, den Priester bei sich zu bewirten, der ihnen die hl. Messe zelebriert. An Häufigsten sagen sie Gebet her und der dazu beauftragte Katechist (außerordentliche Kommunionspender) erteilt den Gläubigen die hl. Kommunion.
Die Junifeier zur Ehre des Seligen Pater Jan Beyzym.
Das Religionsleben ist heute in Soamanandray lebhafter geworden. Nach 114 Jahren, am Samstag, am 23. Juni 2012 sind 11 Priester in ihrem Dorf erschienen, die gleichzeitig die hl. Messe zelebrieren. Am Anfang der hl. Messe sagte der Katechist: „Solch ein Ereignis gab es nicht in Soamanandray, damit so viele Priester gleichzeitig die hl. Messe mitzelebrieren”.
Die hl. Messe zelebrierte der Provinzial der Madagassenprovinz der Jesuiten, Pater Pierre André Ranaivoarson; der Provinzial der Krakauerprovinz, Pater Wojciech Ziolek; zahlreiche polnische Missionare aus verschiedenen Orden und auch viele madagassischen Jesuiten zelebrierten mit. Pater Pierre André hat in seiner Predigt nicht nur die Liebe Paters Beyzym zu den Kranken, seine Opferbereitschaft und seine restlose Hingabe bis zu seinem Tode betont, sondern auch seine Verdienste für die Entwicklung des Bewusstseins im Bereich der Leprakrankheit und des medizinischen Fortschritts auf diesem Gebiet.
In der Missionsgeschichte gibt es wenige Menschen, die sich den Leprakranken geopfert haben. Der Belgier, Pater Damian muss auf der Insel Molokai u. a. erwähnt werden. Ihre Arbeit hat nicht an der Heilung der Leprakranken beruht, sondern vor allem auf der Begleitung der Kranken, damit sie ihr „alltägliches Kreuz“ tragen konnten. In dem Zeitabschnitt, in dem Pater Beyzym gewirkt hat, gab es noch keine Arznei gegen diese Krankheit. Das Einzige, was Er für sie tun konnte: er erlaubte und half ihnen die Menschlichkeit wieder zu entdecken, und zu glauben, dass sie geliebt sind und in den menschenwürdigen Bedingungen sterben. In der Leprahütte gab es etwa 150 Kranken. Niemand war obdachlos und hatte sein alltägliches Essen. Die Kranken wohnten in den Vierquadratmeter großen Stuben, wo Pater Beyzym sie besuchte. Die Nahrung, die er in der Stadt Tananarivo erbettelt hat, war ungenügend. Er hat deshalb mit den Kranken in der Nähe Mais, Reis und anderes Gemüse angebaut, die von dem Heuschreckenanfall und anderen Schädlingen bedroht wurden. Die Anbaufelder mussten also mit Hilfe der verletzten Kranken tüchtig geschützt werden.
Anschließend, nach der hl. Messe haben die angekommenen Gäste in einer herzlichen Atmosphäre in einem der Klassenzimmer der Pfarrschule gegessen. Die Enthüllung des Denkmals wurde um 14 Uhr vorgesehen. Unter den eingeladenen Gästen waren auch: der Gesundheitsminister (endlich ist sie leider nicht angekommenen), der Ehrenkonsul Polens, Herr Zbigniew Kasprzyk mit seiner Ehefrau und viele andere Persönlichkeiten der Lokalbehörde.
Die Enthüllungsfeier hat Pater Henryk Sawarski mit seiner Rede angefangen, in der er die Gestalt Paters Beyzym näher gebracht hat. Er hat seine Rede in drei Sprachen, Madagassen, Französisch und Polnisch gehalten, damit alle verstanden haben, denn die Versammelten aus drei verschiedenen Sprachgruppen herkommen sind. Die nächsten Redner waren: der Pater Provinzial Wociech Ziolek SJ, Zbigniew Kasprzyk, der Vertreter der Lokalbehörde und der Ordensbruder Joseph Ralaivao SJ, der seine dem Seligen gewidmete Poesie vorgetragen hat. Nach den Auftretungen wurde die Gedenkstelle zur Ehre Paters Jan Beyzym von den Initiatoren und Realisatoren dieser Idee: Pater Jozef Pawlowski SJ und Albert Zieba enthüllt. Der Pater Pierre André hat die Fürbitte gesprochen und die Stele und die rund herumgesammelten Gläubigen reichlich mit Weihwasser besprengt.
An der Tafel aus schwarzem Marmor, neben dem Bild Paters Beyzym wurde der letzte Satz in drei Sprachen graviert, den der Selige Pater Jan Beyzym in seinem irdischen Leben ausgesprochen hat: „Ich gehe weg, aber mein Herz bleibt mit Euch“. Die, an diesem Tag beim Stelafuß versammelten Gläubigen haben das Gedenkbildchen, die Abbildung des Beatifikationsbildes, die Frau Dorota Koziol im Jahre 2009 während ihres Aufenthaltes auf Madagaskar entworfen hat.
Die Gedenkserie der Gruppenaufnahmen und individuellen Aufnahmen mit dem Denkmal im Hintergrund habe dabei selbstverständlich nicht gefehlt. Die offizielle Feier hat das schöne Madagassen Lied zum Ehren der Gottesmutter beendet, deren Figur sich an der anderen Seite des Weges befindet. Die polnische Betonung hat auch nicht gefehlt: die versammelten Polen haben das Lied gesungen: „Es dämmert, die Welt ist schon eingewiegt worden ...“. Der Sitte „fomba“ (lies: fumba) nach wurde das gemeinsame Festessen für die einheimische Bevölkerung vorbereitet, die an der Zeremonie teilgenommen hat. Beim Sonnenuntergang im Schein der sendenden Sonne haben viele Feierteilnehmer die Ruinen des ehemaligen Schutzhauses Paters Beyzym besucht, die sich etwa 300 Meter von dem Ort befinden, wo die Stele aufgestellt wurde.
Die Stelen zur Ehre der Verstorbenen.
Jemand, der Madagaskar besucht hat oder die in diesem Lande herrschende Situation näher aus den Fernsehreportagen kennengelernt hat, kennt die Not und sogar Elend der Madagassen, kann danach fragen, warum das Geld, das für den Bau der Stele ausgegeben wurde, nicht für die Hilfe der Armen bestimmt wurde. So wird es aber jedoch im Europageist verstanden. Die Situation ist aber anderes, wenn wir die madagassische Kultur berücksichtigen. Falls wir dieses Land vom Osten nach Westen und vom Süden nach Norden durchwandern, können wir die Denkmäler – „tsangam-bato“ (lies: zangambatu) oft an den unbewohnten Orten in der Wüste, am Weg, oder an den Berghängen treffen. Es gibt überall zerstreute Stelen.
Was für einen Zweck und Sinn haben sie? In der madagassischen Kultur, im Alltagsleben der sogar schon getauften Menschen nehmen die Verstorbenen einen sehr wichtigen Platz ein. Die Großeltern, Eltern, Geschwister oder Kinder verbleiben nach dem Tode in der Nähe von Zanahary (lies: Sanahari), das heißt in der Gottesnähe. In seiner Nähe lebend können sie auf das Leben der Menschen auf der Erde einen Einfluss ausüben. Die Ehren und Hochachtung werden ihnen deshalb entgegengebracht. Tsangam-bato werden zur Totenehre als Zeichen ihrer Anwesenheit im Leben der Menschen, der Dankbarkeit und Erinnerung aufgestellt. Tsangam-bato werden für eine konkrete Person am Ort, wo sie gestorben ist oder vorbeigegangen ist zum Beispiel am Weg oder Haus aufgestellt. Die Stele wird nicht nur als Ausdruck der Ehre und Dankbarkeit aufgestellt, im gewissen Sinne ist sie die Pflicht der Familie oder des Dorfes. Tsangam-bato ist so wichtig wie das Grab selbst. Niemand wagt, die Stele von seinem Feld wegzubringen, auch wenn niemand sich daran erinnert, für wen sie aufgestellt wurde.
Die Dorfbewohner von Soamanandray sind auf die Paters Beyzym Ehrenstele stolz. Die Stele ist für Sie nicht nur eine große Auszeichnung, sondern auch ihre Verpflichtung, den Seligen Pater Jan Beyzym in ehrenvollem Angedenken zu bewahren.
Dankesworte
Anschließend möchte ich der Südlichen Polnischen Provinz der Gesellschaft Jesu und allen Landsleuten danken, die zur Finanzierung des Denkmals und der Feier zur Ehre des Seligen Paters Jan Beyzym beigetragen haben. Die Missionare hier auf Madagaskar oder irgendwo in der Welt sind direkt an der Mission engagiert: Wir arbeiten an Ort und Stelle unter den einheimischen. Der Anteil der Landsleute an der Missionstätigkeit dank ihrer finanziellen Hilfe ist sehr wichtig. Herzliches „Vergelt’s Gott“ für jede nicht nur finanzielle „Geste“. Ich danke vor allem für die in unserer Intention geopferten Gebete und Leiden. Jeder von uns braucht geistige Hilfe und Unterstützung. Wir glauben, dass jeder Missionar seine bekannten und unbekannten „Engel“ hat, die für ihn vor unserem Vater beten. Dank unserer alltäglichen Gebete und Opfer erbitten wir für Euch die gebrauchten Gnaden.
P. Tadeusz Kasperczyk SJ