Obwohl sich Pater Beyzym dem erzieherischen Werk mit Jugendlichen im Konvikt von Chyrow ganz widmete, begehrte er mehr. Er wünschte noch mehr, sich „völlig und bedingungslos“ Gott zu widmen, den Unglücklichen zu dienen, den Verachteten und Ausgestoßenen, den Ärmsten der Armen. Mit 48 Jahren (1898), nach vielen Jahren erzieherischer Arbeit mit Jugendlichen – wobei er sich besonders dienend und pflegend den Kranken in der Schulkrankenabteilung widmete - entschloss sich Pater Beyzym nach Madagaskar zu fahren, um sich der in jener Zeit als äußerst abscheulich geltenden Arbeit der Pflege von Leprakranken hinzugeben.
Nach intensiven Bemühungen bewilligte der Generalober sein Gesuch und sandte ihn nach Madagaskar. Am 17. Oktober 1898 verließ er sein Heimatland Polen für immer und fuhr nach Frankreich, wo er am 10. November mit dem Schiff von Marseille nach Madagaskar segelte. Nach der langen und anstrengenden Fahrt kam er wohlbehalten am 30. Dezember in Tananarive, der Hauptstadt der „Roten Insel“ an. Die Ordensoberen dort schickten Pater Beyzym zur Arbeit in das seit 1872 existierende Leprosorium, nicht weit von der Hauptstadt Ambahivoraka entfernt.
Die erste Begegnung mit der Wirklichkeit war für Pater Beyzym erschreckend. In einem seiner Briefe, die an Pater M. Czermiński gerichtet waren, schreibt er: „Als ich dort hin fuhr dachte ich, wenn auch nicht ein großartiges, so werde ich mindestens ein bescheidenes Krankenhaus dort vorfinden. Stattdessen fand ich dort nichts weiter als nur bitteres Elend vor.“ Besonders betroffen machten ihn die „Höhlen, in denen man nicht einmal Hunde hätte halten können.“ Die Kranken, zu dieser Zeit ca. 150 Personen, vegetierten in zusammenbrechenden, fenster- und bodenlosen Baracken dahin, ohne die wichtigsten Hausgeräte. In der Regenzeit lebten viele von diesen armen Leprakranken inmitten von Pfützen und Feuchtigkeit. Sie wurden von Geschlechtskrankheiten, Krätze und Läusen gequält. Die Zivilbehörden und die Mehrheit der dortigen Gesellschaft stießen diese armseligen Menschen aus der menschlichen Gemeinschaft aus, denn sie galten alle als Geächtete und wurden unwürdige Menschen genannt. Der Bürgermeister verwies die Kranken der gesamten Gegend in diese Lepraherberge und wenn irgendjemand in das Dorf zurückzukehren versuchte, wurde er mit Prügel bestraft.
Als sich die Kranken um Almosen bettelnd der Siedlung näherten, wurden sie mit Stöcken und Steinen vertrieben. Viele dieser Unglücklichen schleppten sich durch die Wildnis so lange sie konnten, bis sie schließlich erschöpft zusammenbrachen, liegen blieben und vor Hunger starben.
Anfang Februar 1899 erhielt Pater Beyzym von seinem Vorgesetzten die Erlaubnis, ständig unter den Leprakranken wohnen zu dürfen. So zog er in eine miserable Hütte neben den Baracken für die Kranken ein. Vom Beginn seiner Wohngemeinschaft mit ihnen versuchte er ihre Bedürftigkeit zu lindern. Er bettelte um Almosen, wo immer es möglich war, um sie vor dem Hungertod zu retten. Er leistete ihnen die niedrigsten Dienste. In der Geschichte der Mission in Madagaskar war er der erste Priester, der ständig unter den Leprakranken wohnte. Er wurde ein Genosse ihres Leidens und kümmerte sich immer um sie, ohne Rücksicht auf die Gefahr, sich selber anzustecken. Er betete sogar zur Allerseligsten Jungfrau Maria, ihn selber „mit schlimmster Leprakrankheit zu treffen“, um dadurch diesen Kranken eine Verbesserung ihrer Lage und die Erlösung einer großen Anzahl Aussätziger zu erbitten. Er dachte, als Aussätziger dem Herrn Jesus sagen zu dürfen: „Ich gab meine Seele für die Brüder.“
Um das Leben seiner Schützlinge in ihrem Leiden etwas zu erleichtern, wollte er einen wunderbaren Garten anlegen voll wohl riechender Blumen, umringt von Birkenbäumen, damit sich wenigstens die Augen dieser Unglücklichen an etwas erfreuen konnten. Zu diesem Zweck schrieb er nach Polen und bat um Samen wohl riechender Blumensorten: Levkoje, Reseda, Zwiebeln von Hyazinthen und weißen Lilien, Strohblumen und Astern sowie Samen der Trauerbirke. Die Aussätzigen waren für ihn Menschen wie alle anderen Menschen auch. Er sah in diesen Leprakranken die wahren menschlichen Werte. Sein Einsatz und die Fürsorge rief selbst auch bei den Kranken Bewunderung hervor. Als er zum ersten Mal ein Stück Leinen nahm und sich daran machte, die Wunden eines Kranken zu verbinden, stand eine ziemlich große Gruppe Leprakranker um ihn herum, schaute zu, was er machte, und einer von ihnen schrie laut zu den anderen: „Sieh mal! Sieh doch! Er hat keine Angst, die Wunden zu berühren.“ Für Pater Beyzym war der Mensch das Wichtigste.
P. Czesław H. Tomaszewski SJ